Schadensbefund und Restaurierungsmaßnahmen

Jean-Baptiste Oudry
Pfefferfresser, Jungfernkranich und Haubenkranich in einer Landschaft (Abb. 1), 1745
Maße: 130 x 160 cm
Maltechnik
Die Malerei ist in Öl auf rot grundierter Leinwand ausgeführt. Der Keilrahmen stammt aus den 50er Jahren und der Firnis ist nicht mehr original.
Befund
Keilrahmen
Der vorhandene Keilrahmen ist in Höhe und Breite kleiner als das ursprüngliche Bildmaß und unprofessionell gearbeitet.
Bildträger
Es ist davon auszugehen, dass dieses Bild in den 30er Jahren präventiv eine rückseitige Leinöltränkung erhielt. Das Gewebe ist stark oxidiert und von horizontalen Rissen – Gesamtlänge ca. 3,78 m – durchzogen. Bis auf kleine Ausnahmen befinden sich diese Risse alle in der oberen Bildhälfte. Um das Bild zu stabilisieren, erfolgte in den 50er Jahren eine Doublierung mittels einer dicken Wachs-Harzmischung. Ein 19,5 x 5,8 cm großes Loch in der Bildmitte wurde hierbei nicht passgenau intarsiert. Andere ausgebrochene Leinwandstücke, wie oberhalb des Jungfernkranichs, wurden gar nicht ergänzt. Der Bildträger im weißen Brustkleid des Pfefferfressers war zudem vertikal unterhalb des Auges gestaucht, wodurch die Malschicht horizontal bis zum linken Bildrand um ca. 5 mm parallel verschoben war.
Das Bild ist in seiner originalen Größe inklusive der unbemalten Spannkanten erhalten, wurde jedoch im Zuge einer Restaurierung vor 1836 vergrößert, was sich sowohl in einem noch vorhandenen ca. 5-7 cm breiten Rest des angenähten und bemalten Leinwandstreifens am oberen Bildrand dokumentiert als auch durch regelmäßige Nadeleinstiche am linken Bildrand. Der stark degenerierte Faden, durch den originale und formatvergrößernde Leinwand gefügt war, gewährleistete die Verbindung besonders in den Ecken nicht mehr. Obendrein war parallel zur Naht die originale Leinwand in der Umbruchkante (Bildrand oben) stark eingerissen.
Malschicht
Verschiedene Phänomene beeinträchtigen die Malerei insofern, als dass diese dominierend in Erscheinung treten. Auf die Leinöltränkung lässt sich vermutlich die dunkle Verfärbung in der Malschicht links unten zurückführen, aber auch die ausgeprägte dachförmig aufgeworfene Malschicht in horizontaler Richtung im Bereich des Himmels (Abb. 2) und ungerichtet im Bereich der Flora könnten eine Folgeerscheinung dessen sein.
Hingegen ist die zerstörte Farbschicht im linken Flügel des Haubenkranichs vermutlich durch zu heißes Bügeln während des Doublierens entstanden. Diese Stelle wurde ebenso wie andere größere Fehlstellen im Bereich der Flora, am unteren und rechten Bildrand sowie im Bereich der Risse großzügig übermalt. Ebenfalls großflächig übermalt ist der obere Bildrand in
Folge der ehemaligen, oben bereits beschriebenen Bildvergrößerung. In diesem Zusammenhang ist auch der senkrecht nach oben führende Ast rechts oben im Bild entstanden. Der Künstler selbst hatte die Wurzeln des Baumes in der Mitte des Bildes vorne verankert, um den Stamm diagonal nach rechts oben hinten zu führen und so den Raum zwischen Vorder- und Mittelgrund zu definieren. Der Baumstamm selbst war an der Stelle des nachträglich eingefügten Astes lediglich mit einem Stumpf versehen. Die vom Künstler gestaltete Dynamik im Bild ist durch den hinzugefügten Ast wieder aufgehoben. Alle Einmalungen waren in ihrer Farbigkeit beträchtlich verändert. Die originale Farbigkeit des Bildes scheint im Bereich der Flora und des Himmels ausgeblichen bzw. verfärbt.
Firnis
Der Firnis war gleichmäßig dick aufgetragen und nivellierte die Struktur des Bildträgers und den Malduktus. Dem Grad der Vergilbung bzw. Vergrauung nach zu urteilen handelte es sich um einen relativ alten Firnis. Freiliegende Malschicht, durch am oberen Bildrand abgesplitterte Übermalung, ließ den Schluss zu, dass der originale Firnis im Zuge der Bildvergrößerung vor 1836 komplett entfernt wurde. Möglicherweise resultiert aus dieser scharfen Reinigung auch die ausgeblichene Farbigkeit.
Restaurierungsmaßnahmen
Vorrangiges Ziel der Restaurierung war, die klaffenden Risse zu schließen und die dachförmig aufgeschobene Malschicht zu glätten. In beiden Fällen erwies es sich als notwendig zu entdoublieren und das Wachs weitestgehend zu extrahieren. Zunächst wurde hierzu die Übermalung und Kittung aus den Rissen entfernt. Auf diese Weise musste das Bild für die folgenden Arbeitsschritte nicht wieder umgedreht werden. Die Abnahme der Doublierleinwand und des überschüssigen Wachses erfolgte nach Erwärmung auf mechanischem Weg, die Wachsextraktion hingegen durch Ausbügeln (Heizspachtel). Die Risse konnten nunmehr wieder zusammengezogen und mit Brücken aus Hanffasern plus Störleim/Weizenstärke gefügt werden. Feuchtigkeit und Wärme halfen hierbei, die spröde Leinwand zu flexibilisieren. Herausgebrochene Leinwandstücke wurden intarsiert. Da die angenähte Anstückung am oberen Bildrand sich bereits abgelöst hatte, lag der Entschluss, diese endgültig abzulösen und als Primärdokumentation aufzubewahren, nahe. Auf diese Weise wurde auch das Schließen der eingerissenen Umbruchkanten erleichtert. Der Künstler hat für die Höhe des Bildes die vollständige Gewebebreite ausgenutzt. Aufgrund der vorhandenen Spanngirlanden bildet nur der durch Nagelung gedehnte Teil der Webkanten auch die Spannkante. Dies und die starke Beschädigung des Bildträgers am Rand waren Anlass, Leinwandstreifen mit Bevafolie aufzusiegeln und somit gleichzeitig das Einspannen des Bildes in einen Arbeitsrahmen zu ermöglichen.
Der nächste Arbeitsgang bestand im Niederlegen der Malschicht. Mit Wärme und Feuchtigkeit konnte der Bildträger von der Rückseite partiell gedehnt werden, bis die Malschicht unter leichtem Druck nachgab und ihre ursprüngliche Position einnahm Abb. 3).
Die Festigung der Malschicht erfolgte mit Störleim + Honig (2:1, 6%ig). Es zeigte sich, dass die mit Störleim/Weizenstärke aufgeklebten Hanffaserbrücken auf dem wachsgetränkten Bildträger trotz Extraktion bei Belastung nicht ausreichend hafteten, weshalb sie zusätzlich mit microkristallinem Wachs (Lasceaux) eingelassen und lokal mit Organza in Geweberasterhaftung (BEVA 371) hinterklebt wurden.
Wie oben beschrieben sind für die Freilegung der originalen Malschicht drei Arten späterer Ergänzungen zu unterscheiden:
- Übermalungen und Kompositionsänderungen am oberen und linken Bildrand aufgrund der Bildvergrößerung vor 1836.
- Großzügige Einmalungen aufgrund von Farbverlusten im Bereich der Flora.
- Kittungen und übergreifende Einmalungen im Bereich der Risse.
Die unter Punkt 1 beschriebenen Übermalungen erwiesen sich als äußerst hartnäckig, so dass diese lediglich im Bereich des Himmels, der Blätter links oben im Bild und am linken Rand reduziert werden konnten. Eine Abnahme des hinzugefügten Astes rechts im Bild war nicht ohne Gefährdung der darunterliegenden Malschicht möglich, weshalb darauf verzichtet wurde. Alle Einmalungen wie unter Punkt 2 und 3 beschrieben ließen sich hingegen mit Alkoholdampf und Skalpell vollständig entfernen.
Das Bild wurde nunmehr auf einen mit Leinwand bespannten neuen Keilrahmen genagelt.
Die durchgeführten Arbeiten am Bild hatten dazu geführt, dass der Firnis an vielen Stellen abgetragen war. Auch stellte sich, nachdem die aufstehende Malschicht planiert war, heraus, dass es erhebliche partielle Unregelmäßigkeiten gab. Aus Zeit- und Kostengründen wurde der Firnis deshalb großflächig stark reduziert (Abb. 4).
Alle Fehlstellen sind mit pigmentierter Kreide + Störleim gekittet und mit Aquarell retuschiert. Ebenso wurde der störende dunkle Fleck im Bild unten links der Umgebung entsprechend aufgehellt. Ein erster Zwischenfirnis ist mit Mastix in Alkohol (1:4) gespritzt. Den Abschluss bildet ein Überzug mit Dammar (1:2 in Terpentinöl + 3 Teile Kristallöl 135/180), ebenfalls gespritzt.
Copyright: Regine Kränz